Mobiles Arbeiten nur auf freiwilliger Basis: Rechtsanspruch ist ein Irrweg
Im Zuge der Corona-Pandemie hat die Debatte um das Arbeiten von zu Hause zusätzlichen Schub erfahren. Bereits im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass ein rechtlicher Rahmen zur Förderung und Erleichterung mobiler Arbeit geschaffen werden soll. Auch die Tarifpartner wurden aufgefordert, Vereinbarungen zu mobiler Arbeit zu treffen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil plant nun, einen entsprechenden Rechtsanspruch auch für Zeiten nach der Pandemie gesetzlich zu verankern. Das neue Gesetz wird im Herbst 2020 erwartet. Geregelt werden soll das Recht der Arbeitnehmer zu entscheiden, dauerhaft oder nur an einigen Tagen in der Woche von zu Hause zu arbeiten. Der Arbeitgeber kann den Anspruch begründet ablehnen, darf seinerseits jedoch die Arbeit von zu Hause nicht anordnen. In der Diskussion werden für die Arbeit von zu Hause die Begriffe Homeoffice und mobile Arbeit fälschlicherweise synonym verwendet.
Mobiles Arbeiten muss für beide Seiten freiwillig sein
Homeoffice beschreibt ortsgebundenes Arbeiten von zu Hause aus, während mobile Arbeit das zeitweise Arbeiten an beliebigen Orten etwa beim Kunden, auf einer Dienstreise oder eben von zu Hause meint. Mobile Arbeit setzt Vertrauen voraus. Eine einseitig erzwungene Umsetzung durch Gesetz oder ein gerichtliches Urteil bildet keine sinnvolle Basis. Nicht jeder Arbeitsplatz ist für mobile Arbeit geeignet. Ein Rechtsanspruch spaltet die Belegschaft, denn ein Produktionsmitarbeiter könnte einen Rechtsanspruch nicht durchsetzen.
Tarifautonomie stärken und Regelungskompetenz der Sozialpartner nutzen
Die Chemie-Branche setzt auf einen anderen Weg: Die Chemie-Sozialpartner kennen ihre Betriebe und Belegschaften. Sie können anders als der Gesetzgeber einen fairen Ausgleich vereinbaren und so Konflikte zwischen Beschäftigtengruppen vermeiden. BAVC und IG BCE haben daher bereits in der Tarifrunde 2019 Grundsätze des mobilen Arbeitens wie die doppelte Freiwilligkeit tarifvertraglich verankert. Sollten gesetzliche Eingriffe erfolgen, müssen Öffnungsklauseln der tarifvertraglichen Regelung Vorrang einräumen. Nur mit eingeräumter Gestaltungsmacht kann die Tarifbindung auch auf Arbeitgeberseite gestärkt werden.