Unsicherheit wächst Konjunktur auf der Kippe
„Deutschland steht knapp vor einer Rezession” – titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung, nachdem die Wirtschaftsforschungsinstitute Mitte Oktober ihr Herbstgutachten vorgelegt hatten. Im Handelsblatt hieß es dagegen am gleichen Tag: „Deutschland bleibt Rezession erspart”.
„Deutschland steht knapp vor einer Rezession“ – titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung, nachdem die Wirtschaftsforschungsinstitute Mitte Oktober ihr Herbstgutachten vorgelegt hatten. Im Handelsblatt hieß es dagegen am gleichen Tag: „Deutschland bleibt Rezession erspart“. Zwei solch unterschiedliche Einschätzungen zu ein und demselben Gutachten zeigen vor allem eines: die Unsicherheit von Experten und Medien bei der Bewertung der wirtschaftlichen Lage. Allerdings, die Zahl der Skeptiker wächst. Erst vor wenigen Tagen hat Wirtschaftsminister Rösler die Regierungsprognose für das BIP-Wachstum 2012 in Deutschland von 1,8 auf 1,0 Prozent gesenkt.
Schuldenkrise bleibt ungelöst
Verantwortlich für die wachsende Vorsicht ist die weiterhin ungelöste Schuldenkrise im Euro-Raum. Schuldenschnitt für Griechenland, bessere Eigenkapitalausstattung von Banken und nicht zuletzt die Ansteckungsgefahr einer staatlichen Insolvenz – diese komplexen Herausforderungen verunsichern die Marktteilnehmer nach wie vor, zumal die Antworten der Politik oft wie Stückwerk erscheinen. Bislang sind direkte Auswirkungen der Schuldenkrise auf die Realwirtschaft ausgeblieben. Gleichwohl würde eine erneute Rezession vermutlich weit weniger glimpflich ablaufen als noch 2008/2009. Damals hatte der Staat mit neuen Milliardenschulden für Kurzarbeit und Abwrackprämie dazu beigetragen, Jobs zu sichern. Diese Mittel stünden heute nicht mehr in einem solchen Ausmaß zur Verfügung.
Arbeitsmarkt stabil
Einziger Lichtblick in der „gefühlten Dauerkrise“ bleibt die Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Nach knapp unter 3 Millionen Arbeitslosen in diesem Jahr erwarten die Institute für 2012 einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit auf etwa 2,8 Millionen. Ein wesentlicher Grund nach Ansicht der Experten: die vernünftige Lohnpolitik von Arbeitgebern und Gewerkschaften in den vergangenen Jahren. Dieses Lob nimmt die Tarifparteien zugleich in die Pflicht: Auch in der 2012 anstehenden Tarifrunde besteht angesichts der verbreiteten Unsicherheit kein Grund, vom Kurs einer maßvollen und beschäftigungsorientierten Tarifpolitik abzuweichen.